Klarstellung des GdW zur Frage, wann ein kommunales Wohnungsbauunternehmen als öffentlicher Auftraggeber einzustufen ist

Das Wichtigste:

Die Information zur Frage, wann kommunale Wohnungsunternehmen öffentliche Auftraggeber sind, bedeutet keine Abkehr der bisherigen Rechtsposition des GdW. Die Frage, wann kommunale Wohnungsunternehmen öffentliche Auftraggeber sind, ist anhand des § 99 Nr. 2 GWB zu bestimmen. Die Information hat lediglich die Rechtsposition des OLG Brandenburg dargestellt.

Mit Datum vom 13. November 2017 hat der GdW in einem Rundschreiben über ein Urteil des OLG Brandenburg informiert, welches sich mit der Frage, wann ein kommunales Wohnungsunternehmen als öffentlicher Auftraggeber einzustufen ist, beschäftigt. Speziell ging es in der Entscheidung um das zu prüfende Merkmal, ob in dem betreffenden Einzelfall das Unternehmen eine “im Allgemeininteresse liegende Tätigkeit“ wahrnimmt.

Das Rundschreiben informierte allein über die Urteile des OLG Brandenburg vom 6. Dezember 2016 und des Europäischen Gerichtshofs vom 5. Oktober 2017. Eine Aufgabe der bisherigen Rechtsposition des GdW zur Frage, wann ein kommunales Unternehmen öffentlicher Auftraggeber ist, erfolgte mit diesem Rundschreiben nicht.

Mit Rundschreiben vom 15. März 2016 hat der GdW über die Modernisierung des Vergabe-rechts zum 18. April 2016 informiert. In diesem Rundschreiben hat er unter anderem darauf hingewiesen, dass der Begriff des öffentlichen Auftraggebers in das neue Vergaberecht inhaltlich unverändert übernommen wurde.

Allerdings kann seit der Neufassung eine Vermutung für die Eigenschaft von kommunalen Unternehmen als öffentliche Auftraggeber nicht mehr angenommen werden. Mit der Ablösung der Richtlinie 2004/18/EG durch die Richtlinie 2014/24/EU gilt der Anhang III der Richtlinie 2004/18/EG nicht mehr fort.

In diesem Anhang wurden kommunale Wohnungsunternehmen ausdrücklich als Auftraggeber aufgeführt und von den Gerichten vielfach als Vermutung ausgelegt. Nach Fortfall des Anhangs III der Richtlinie 2004/18/EG besteht eine Vermutung, dass Wohnungsunternehmen öffentliche Auftraggeber sind, damit ausdrücklich nicht mehr.

Gerade aufgrund des Wegfalls der Vermutungswirkung ist immer eine Einzelfallprüfung anhand der in § 99 Nr. 2 GWB dargestellten Kriterien erforderlich. Der gerade vom OLG Brandenburg getroffenen Auslegung schließen wir uns nicht an. Neben der Frage, ob das kommunale Unternehmen öffentliche Aufgaben erfüllt, kommt es auch darauf an, ob das Unternehmen diese nicht gewerblich erfüllt.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg hat insgesamt ebenfalls deutlich gemacht, dass sich eine generalisierende Betrachtung verbietet. Die Feststellung, ob ein kommunales Wohnungs-unternehmen öffentlicher Auftraggeber ist oder nicht, bleibt nach wie vor eine Einzelfallentscheidung. Die Prüfung erfolgt anhand der Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts.

Aus der Rechtsprechung des EuGH und den hier festgelegten Kriterien ist im Hinblick auf die Kriterien der Prüfung abzuleiten, dass jedenfalls die öffentlich beherrschten Unternehmen, die ihre Leistungen in einem entwickelten Wettbewerb anbieten, mit Gewinnerzielungsabsicht handeln oder an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien ausgerichtet sind und die ihr Insolvenzrisiko selbst tragen, i. d. R. als »gewerblich« anzusehen sind (EuGH, 16.10.2003 – C-283/00, »SIEPSA«, NZBau 2004, 223, 228; Stickler, in: Reidt/Stickler/ Glahs, § 98 Rn. 43, Diehl, in: Müller-Wrede, § 98 Rn. 50–54). Umgekehrt liegt eine nichtgewerbliche Tätigkeit vor, wenn das Unternehmen keinem echten Insolvenzrisiko ausgesetzt ist, somit kein wirtschaftliches Risiko für seine geschäftliche Betätigung trägt und in diesem Zusammenhang von der öffentlichen Hand in Wahrnehmung öffentlicher Interessen finanziell unterstützt wird (KG, 27.07.2006 – 2 Verg 05/06, »Messe Berlin GmbH«, NZBau 2006, 725, 728, 729; OLG Hamburg, 25.01.2007 – 1 Verg 5/06, »Hamburger Messegesellschaft«, NZBau 2007, 801, 802).

Abschließend bleibt festzuhalten, dass bisher nur Entscheidungen der Oberlandesgerichte vorliegen. Eine Entscheidung des BGH liegt hierzu nicht vor.

Quelle: Rundschreiben des GdW vom 01.02.2018

Bei Fragen wenden Sich sich bitte an Frau Dithmar.

 

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