Thüringer Wohnungswirtschaft drängt zur Bauministerkonferenz auf mehr Engagement für den geförderten Wohnungsbau
Überkomplexität und Überregulierung bei Verwaltungsvereinbarung vermeiden +++ Kluge Zwecke, schlanke Prozesse +++ Aufstockung der Landesmittel und zusätzliche Klimaförderung notwendig
Erfurt. Bezahlbares Wohnen ist eines der wichtigsten gesellschaftlichen Themen in Thüringen. Anlässlich der Bauministerkonferenz am 18. und 19. November in Erfurt spricht sich der Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschat e.V. (vtw) für pragmatische Lösungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus bis hin zu einer deutlichen Erhöhung der Finanzhilfen aus. „Wir freuen uns über die Bemühungen von Bund und Ländern in diesem wichtigen Segment. Allerdings klafft zwischen dem politisch geäußerten Willen und der Realität nach wie vor eine erhebliche Lücke“, betont Verbandsdirektor Frank Emrich.
Viele Wohnungsunternehmen in Thüringen haben im Vertrauen auf die angekündigte Förderung im sozialen Wohnungsbau Neubauprojekte auf den Weg gebracht. Doch sie brauchen für die nächsten Jahre eine klare Planungssicherheit. „Es müssen finanzielle Mittel in angemessener Höhe langfristig zur Verfügung stehen“, sagt Frank Emrich. Aus seiner Sicht sei es unabdingbar, dass der Landeshaushalt für 2022 mit einem entsprechenden Programm zur Wohnraumförderung ausgestattet werde, auch um Bundesmittel kofinanzieren zu können – allein um die vorgelegten Projekte der vergangenen zwei Jahre umzusetzen, seien mindestens 150 Millionen Euro pro Jahr notwendig. Mit Blick auf Thüringens tragende Rolle als Vorsitzland der Bauministerkonferenz mahnt Frank Emrich daher an: „Wer am Ruder sitzt, der hat auch eine Vorbildfunktion. Beim sozialen Wohnungsbau war Thüringen aber bislang wenig vorbildlich.“
In diesem Jahr hat der Freistaat knapp 50 Millionen Euro bereitgestellt. Bleibe es bei dieser Summe oder komme es sogar zu einer Reduzierung, sei das das falsche Signal an die Wohnungswirtschaft und das Interesse am sozialen Wohnungsbau drohe zwangsläufig wieder zu sinken, so Frank Emrich. Zuletzt zeigte der Trend beim Sozialwohnungsbau in Thüringen leicht nach oben. Die Zahl der mietpreisgebundenen Wohnungen erhöhte sich 2020 um knapp 100 auf insgesamt 15.085 Einheiten. Seit 2015 ist jedoch ein Rückgang um fast ein Fünftel zu verzeichnen.
Vor diesem Hintergrund warnt der vtw vor Überkomplexität und Überregulierung bei der inhaltlichen Ausgestaltung künftiger Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern über den sozialen Wohnungsbau. Frank Emrich: „Zu viel Detailversessenheit würde eine operative Umsetzung auf Landesebene konterkarieren. Wir brauchen schlanke Prozesse, so dass die Fördermittel für kluge Zwecke genutzt werden können.“
Ein zentrales Thema auf der Bauministerkonferenz ist auch die Einhaltung der Klimaziele der EU und des Bundes. „Die Umbauzeit zu einer klimaneutralen Gesellschaft wird immer mehr gestrafft. Aktuell ist die Latte auf das Jahr 2045 erhöht worden“, berichtet Frank Emrich. Niemand könne allerdings sagen, woher die Fachkräfte für die Sanierungs- und Bauaufgaben kommen sollen. Kein Verantwortlicher erkläre, wer all diese Maßnahmen bezahlen soll. Angesichts dieser Herausforderung fordert der vtw-Verbandsdirektor eine zusätzliche Klimaförderung, die die bestehende Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude ergänzt. „Nur so lassen sich die Mieten auf einem sozial verträglichen Niveau halten.“
In diesem Zusammenhang macht Frank Emrich eine stärkere Berücksichtigung der Wohnnebenkosten in der Diskussion um die Bezahlbarkeit des Wohnens geltend. Sein Appell: „Wir müssen von bezahlbaren Mieten zu bezahlbarem Wohnen kommen. Denn der Begriff ‚bezahlbare Mieten‘ zielt allein auf die Kaltmiete ab. ‚Bezahlbares Wohnen‘ hingegen meint mehr, schließt auch die Kosten für Heizung und Warmwasser ein.“
Das Ziel des vtw bleibt es weiterhin, gemeinsam mit der Politik verlässliche Rahmenbedingungen für die Wohnungswirtschaft zu schaffen, die heute und in Zukunft ein bezahlbares Wohnen ermöglichen. „Dafür werden wir mit der Politik stärker denn je in den Dialog treten – lösungsorientiert und auf der Grundlage von Fakten“, so Frank Emrich.
Im Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. (vtw) haben sich 221 Mitgliedsunternehmen, darunter 178 Wohnungsunternehmen, zusammengeschlossen. Nahezu jeder zweite Mieter in Thüringen wohnt bei einem Mitgliedsunternehmen des vtw. Seit 1990 investierten vtw-Mitglieder rund 13,7 Milliarden Euro überwiegend in den Wohnungsbestand. Gemeinsam bewirtschaften sie fast 264.000 Wohnungen.